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Wie der Phönix aus der Asche

 

von Anna Lobos

 

Wie der Herbst in seiner vollsten Farbenpracht, 

vernehme ich das Sterben. 

Schmerzen in den unterschiedlichsten Facetten. 

Jeder Gedanke ist ein Herbstblatt, das seine individuelle Färbung bekommt. 

Von braun, über gelb und hellgrün bis zu einem knalligen rot. 

Alles in Übergängen, alles ein Prozess, ein spürbar schmerzhafter Prozess. 

Der alte Phönix breitet das letzte Mal seine Flügel 

aus und zeigt sich in seiner herrlichsten flammenden Pracht und weiß, 

er wird zeitgleich, während dieses Fluges, von seinen Flammen verschlungen.  

 

Es tut so weh! Ich wünsche mir, dass es endlich aufhört. 

Ich spüre alles und doch spüre ich mich nicht. 

Ich wünsche mir diese gefärbten Blätter endlich fallen lassen zu können. 

Wie lange wird es dauern, wie lange kann der Phönix noch fliegen? 

Minuten sind schon vorbei und Stunden ziehen dahin. 

Werden es Tage, oder gar Wochen sein, die ich innerlich verbrenne? 

Der Phönix fliegt weiter, so tu ich es auch. 

Er immer höher, ich immer tiefer in den Schmerz, bis zum Kern. 

Ich brenne lichterloh, nur noch Schmerz.

 

Jetzt darf ich loslassen, jedes bunte Blatt darf fallen. Jeder schmerzende Gedanke darf weiterziehen, ich halte ihn nicht mehr fest. Jede flammende Feder des Phönix verwandelt sich in Asche und wird vom Winde weiter getragen.

Stille! Keine Gedanken, keine Blätter keine Flammen. Nichts!

Ist das Freiheit oder Einsamkeit? Ist das Leben oder Tod?

Ist das zeitlos oder ewig? Ist das das Ende oder der Anfang?

Ist das der Stillstand oder der Prozess? 

Es ist.

 

Plötzlich…

 

Ein Herzschlag, ich nehm’ ihn wahr. Noch einer und noch einer. Ich fühle ihn und weiß ich bin. 

Ich bin, das ist der Kern!

Ich bin, es ist wie ein Leuchten, das mich stärkt.

Ich bin, der Baum spürt seine Hülle wieder.

Ich bin, jedes Staubkorn voll erwacht voll Energie.

 

 

Mein Atem, ich nehm’ ihn wahr. Noch ein Atemzug und noch einer. Ich fühle ihn und weiß ich bin.

Ich bin, ich spüre meine Quelle. 

Ich bin, das ist die Essenz. 

Ich bin, der Baum entfaltet seine Stärke. 

Ich bin, die Wandlung zum Phönix ist vollbracht.

 

 

Ich atme ein!

Ich bin, ich sammle meine Stärke 

und fülle mein ganzes Sein damit. 

Ich bin, der Baum lässt seine Knospen und Blätter sprießen, 

sammelt die Strahlen der Sonne. 

Ich bin, der kleine Phönix erwacht, 

schüttelt und streckt das erste Mal seine Flügel.

Ich atme aus!

Ich bin, wie im Innen auch im Außen und gebe mein Sein. 

So wie der Baum, der mit seiner Blütenpracht IST und Seelenschmerz heilen kann. 

So wie der Phönix, der bei seinem ersten Flug

seine jungen starken Flügel ausbreitet 

und diese Kraft auf jeden Sehenden überträgt.

 

Ich bin! 

Ich lebe! 

Ich liebe!